Lonelytrack - Rad around the world

1.   2004:  Westaustralien
2.   1999:  Australien , Tasmanien + Hongkong  (China)









1. Westaustralien

"Bushride on a Pushbike"

4500 km Radabenteuer in Westaustraliens Outback, Westküste und Goldfields


Von Andreas Wever

veröffentlicht in Zeitungen

Der Durst wird unerträglich, die Sonne geht unter und ich weiß nicht mehr wo ich bin - mein erster Tag in der Wildnis von Down Under, im roten, heissen Outback!
Für meine 10. große Radreise entscheide ich mich, wie schon einmal vor 5 Jahren, für den fünften Kontinent. Diesmal möchte ich die einsamen Weiten Westaustraliens unter die Räder nehmen. Aus dem Bullauge des Jets sehe ich nichts als Nichts bevor der Jet in der einzigen Großstadt und gleichzeitig Hauptstadt Westaustraliens landet. Hier besteige ich einen Überlandbus gen Norden. Am Folgetag lasse ich mich am frühen Nachmittag am einsamen Ausskie Roadhouse aussetzen. Let‘s go. das Abenteuer Outback kann losgehen! Das Roadhouse, eine Symbiose aus Tanke, Tante Emmaladen und Kneipe, liegt am Rande des wundeschönen Karijini-Nationalparks - Australien wie aus dem Bilderbuch! Knallroter Fels und dichter Busch. Und das Beste: Im Herzen des Parks befinden sich tiefe Schluchten mit Frischwasserbächen - ein Paradies in diesem mörderisch heißem Landstrich!Außer einer Strasse finde ich in meiner Karte eine kleine, gestrichelte Linie dorthin, verkürzt den Weg um die Hälfte! Super, vermutlich eine aufgegebene Straße und tatsächlich, nach etwa 25 km westlich des Roadhouse weist mir das rostige Blechschild ROAD CLOSED den Weg. Etwas sandig, doch ganz passabel. Das soll sich bald ändern!
In immer kürzeren Intervallen durchquere ich einen sumpfigen Bach, dessen Wassertiefe Überraschenderweise stromaufwärts zunimmt. 

  

Die Biergärten liegen recht weit auseinander                    Über Roten Sand durch das Outback


Bald versenke ich zum ersten Mal mein Rad samt Gepäck und Kameraausrüstung komplett. Zweimal gehe ich noch Baden bis ich mich anschließend durch dichten Busch durch das enge, ansteigende Tal vorwärts kämpfe. Die Sonne verabschiedet sich, wie auch seid geraumer Zeit meine Wasservorräte. Ein ungutes Gefühl steigt in mir auf! Endlich, in tiefster Dunkelheit erreiche ich die Strate und nach wenigen Kilometern das Camp. Ein kühles Dosenbier am Lagerfeuer baut mich wieder auf und ich beschreibe einem Ranger meinen Weg. „Ah, der Kalamina-Track, den hab ich auch letztens versucht, erwidert er, jedoch wieder aufgegeben - zu verwildert!“ Dabei habe ich noch nicht erwähnt, dass ich mit dem Radl herkam!
Am Grund tiefer Schluchten finde ich traumhafte, natürliche Wasserbassins. Welch prickelnde Erfrischung in der Gluthitze des Tages! Im kleinen Minenstädtchen Tom Price noch einmal Gelegenheit meine Vorräte aufzufüllen, denn bis zum nächsten Roadhouse mit Versorgungsmöglichkeit sind es annähernd 300 km! Ich hoffe nur mein Wasser reicht diesmal aus! Dass hier nicht der Eindruck entsteht, ich gehe hier etwas dilettantisch zu Werke: Quer über meine Radtaschen habe ich einen 15 l Wasserkanister gespannt, zudem weitere diverse Plastikflaschen. Doch die Quecksilbersäule steht knapp unter 50 Grad! Selbst für Westaustralien ungewöhnlich hoch im hiesigen Spätfrühling. Dagegen erlebe ich traumhafte Nächte unter freiem Sternenhimmel. Der Horizont färbt sich feurig orange am Morgen. Meist gegen 6 Uhr in der Frühe sitze ich bereits im Sattel, denn ab Mittag wird die Hitze zur Qual. Mund und die Kehle trocknen aus, die Zunge klebt am Gaumen, Schlucken mangels Speichel nicht möglich - es schmerzt. Plötzlich stoppt ein klappriger Kombi neben mir und eine Aboriginie Großfamilie beglückt mich mit einer eiskalten Dose Cola, welche mich zu einem spontanen Stepptanz mit Freudentränen bewegt. Manchmal werde ich sogar aus langsam an mir vorbeirollenden Autos fotografiert, ein untrügliches Indiz, dass Reiseradeln in diesem Landstrich noch exotisch ist - oder einfach nur irre?!
„You‘re a Mad Bugger!“ flötet mir der Tankwart am Nanutarra-Rodhouse entgegen. Gegen Abend rollt ein Schnauferl, genauer ein Vauxhall Bj. 1913 an die Zapfsäulen ein. Ihm entspringen zwei unwesentlich jüngere, jedoch sehr agile Gentlemen. Mit ihrem Gefährt tuckerten sie bereits von Paris nach Wladiwostok (Sibirien). Jetzt umrunden sie in einem 15. 000 km Trip Australien! Bei gutem Whisky tauschen wir am Abend unser Globetrottergarn aus.
Nächstes Ziel Carnavon an der Westküste. An der Uferpromenade finde ich ein gemütliches Backpacker-Hotel. Ein guter Ort, um mich von den Strapazen vergangener Tage etwas zu erholen. Den Schlafsaal teile ich mir mit mehreren Rucksackreisenden aus allen Ecken der Erde, hergekommen zur Plantagenarbeit. Für die Meisten heißt es um 6 Uhr in der Frühe: Raus aus den Federn und ab auf die Felder. Ihre neidvollen Blicke beim Aufstehen werden von meinen Mitleidigen erwidert. Die Arbeit ist hart und als der Plantagentrupp am Abend ziemlich vorwurfsvoll schauend an meiner Hängematte vorbeizieht, in der ich friedlich döse, lasse ich mich aus Solidarität auch auf die Arbeiterliste setzen. Meine Spezialaufgabe ab dem nächsten Morgen: Erneuerung eines alten Tomatenfeldes. Nach dreieinhalb Tagen knüppelharter Arbeit bereichert ein sehr zufriedener Plantagenboss meine Reisekasse und versucht mich zum Hier bleiben zu überreden. Doch lehne ich dankend ab und übergebe mein geschundenes Kreuz zur Massage an meinen koreanischen Zimmergenossen.
Erleichtert sitze ich wieder im Sattel Richtung Süden. Von wegen giftige Schlangen, Spinnen und Skorpione ist hier ein Problem. Es sind die Fliegen, die zu Hunderten als blinde Passagiere in meine Ohren Nase und Mundwinkel krabbeln und sich am Abend mit blutgierigen Moskitos ablösen. In der Sharkbay tausche ich den Fahrradsattel mit Bootsplanken und schipper auf einem Segelkatamaran durch das azurblaue Wasser der Bucht. Vergnügt springt eine Gruppe von Delfinen vor dem Bug aus den Wellen, wogegen Meeresschildkröten einsam und gemütlich über die Wellen rudern. In der Tiefe ein langer dunkler Schatten, ein Tigerhai?!
Weiter über endlose Piste. Mein Wasser droht wieder knapp zu werden, bis ich am Straßenrand ein klapprigen Pickup sichte. Ein junges Pärchen kann mir zwar nicht mit Wasser aushelfen, jedoch als sie meine Nationalität erfahren, zeigen sie auf eine mit Dosenbier und Eisbrocken gefüllte, riesige Holzkiste. Ihr Deutsche seid doch Vizeweltmeister (nach Australien) im Bier trinken! Ich widerspreche nicht und lasse mich vom Amtierenden herausfordern. Die nächsten 120 km verbringe ich mit David auf der Kiste, während Linda den Wagen sicher südwärts steuert. Herzliche Verabschiedung an einem Abzweig. Die Kiste ist leer. Weltmeisterlich benebelt versuche ich mein Zelt aufzustellen, nachdem es nach wochenlanger Trockenheit ausgerechnet jetzt anfängt zu gießen!
Vom Fischerörtchen Kalbarri windet sich die Straße entlang der Steilküste. In der Ferne entdecke ich Buckelwale auf dem Weg nach Norden. In einem kleinen Küstendorf geben mir drei Nonnen ihren Segen, haben sie eine Vorahnung?! Am Abend campiere ich einsam in den Klippen, schwimme noch eine Runde, krieche in meinen Schlafsack und genieße den Sonnenuntergang. Upps, eine große Dreiecksflosse pflügt an gleicher Stelle durch das Wasser, dem ich soeben entstieg!
An meinem Geburtstag erreiche ich die so genannten Pinnacles. Tausende Steinsäulen ragen aus den Dünen meterhoch in den Himmel. Entstanden durch Muschelschalenablagerungen, Wurzelbildungen von Bäumen und Eiszeiten und Erosionen....ach was, die Aborigines haben eine lebendigere Geschichte dazu. Die Kurzfassung: Zwei große Stämme gingen hier aufeinander los, wegen, wie soll es auch anders sein, einer Häuptlingstochter. Jedenfalls erstarrte die unterlegene Armee zu Stein.


 

Wunderschöner Kalbarri Nat.-Park                           Abendstimmung bei den Pinnacles


In den Hügeln vor Perth treffe ich auf zwei weitere junge Betzdorfern auf ihrer Plantage. Fruchtbarer Boden lässt den Anbau aller subtropischer Früchte zu. Zurück in Perth. Schrill und überdreht wirkt die Stadt anfänglich auf mich nach meiner wochenlangen Zeit im Outback. Es ist der Tag des Melbourne-Cups, ein außerordentlich bedeutungsvolles Pferderennen auf dem Kontinent. Alles was hier zwei Beine hat wettet auf die Vierbeiner in eigens dafür errichteten Zelten in Down Town. Auch ich riskiere10 $ auf den krassen Außenseiter Hard to get mit einer Quote von sage und schreibe 1:96 und verfolge das Renne in einer Bar mit Großbildleinwand. Startschuss, das Rennen läuft. In einem Knäuel von braunen Leibern bahnt sich ein grünes Trikot den Weg nach vorn Richtung Zielgerade. Ich wird bekloppt…Hard to get!!! Fast zerquetsche ich mein Bierglas - Spannung pur. Meter vorm Ziel der Einbruch. Mist, nur Vierter und fast sicher geglaubte 1000 $ zerplatzen vor meinen Augen wie eine Seifenblase. Weiter geht's . In der Südwesteecke Australiens sind andauernde Regenfälle üblich auch die Temperaturen werden unangenehm. Meine Ausrüstung sind für diese Umstände eigentlich gar nicht ausgelegt. Dafür wachsen hier die Bäume bis in den Himmel! Auf manchen sind Plattformen für Feuerausschau angelegt, in Schwindelerregenden 70 m Höhe! Der Aufstieg erfolgt über spiralförmig in den Stamm getriebene Eisenstangen, natürlich nichts für Höhenängstliche. Hoch oben komme ich mit einer weiteren Wagemutigen ins Gespräch. Die Frage nach meiner Herkunft versetzt sie in kurze Sprachlosigkeit. Ich lerne Babara kennen - geboren in Betzdorf!
Jaja das sind sie, die Betzdorfer...die finden sich immer...und wenn es auf 70 Meter hohen Baumwipfeln am Ende der Welt ist!




Unter der "London-Bridge"                                            Vergänglichkeit in den Goldfields

Auf dem verregneten Campingplatz des Holzfällerortes Pemberton, treffe ich auf eine weitere Radlerin. Mit Petra aus Worms radle ich weiter südwärts. Dauerregen und Kälte lassen meine Sehnsucht zum Outback wieder steigen. Nachdem wir Australiens Südküste erreichen, nehmen wir einen Bus zurück nach Perth, deponieren alles Überflüssige in einem Hotel und verlassen die Stadt Richtung Nordosten. Wir durchradeln den so genannten Weizengürtel. Wie kleine Inseln im Ozean wirken winzige Baumgruppen in den im Winde wogenden, goldgelben Weizenmeer. Nach Tagen wandelt sich die Landschaft zum kargen Buschland.
Wir erreichen die Goldfields! Kleine Städtchen die als Kulisse für Wildwestfilme dienen könnten zeugen noch immer von dem Boom, den einst das begehrte Edelmetall in dieser Gegend auslöste. Wir suchen gerade unter einem Baum Schutz vor der gnadenlosen Mittagssonne als ein Pickup mit kreischenden Bremsen vor unserer Nase stoppt. Aus dem Wageninneren hüpft eine verwegene Type mit Glatze und einen halben Meter Bart. Achim aus Friesland, vom beschaulichen Wyk auf Föhr vor 20 Jahren hier gestrandet und geblieben, stellt sich uns vor. Die Instandhaltung der Autos von den Goldminengesellschaften brachte ihm etwas Wohlstand und seinen Job macht er mit 60 noch immer als Hobby. Netterweise lädt er uns ins Goldgräbercamp ein. Wir verbringen die Nacht in einem Wohncontainer bei Steaks und Dosenbier. Täglich radeln wir hier mehr als 150 km von einer Minenstadt zur nächsten bis wir Kalgoorlie-Boulder erreichen, DIE Goldgräberzwillingsstadt schlechthin! Sie schmiegt sich an dem Rand des weltgrößten, von Menschenhand erschaffenen Lochs, eine Tagebaumine namens Super-Pit Etwa ca. 3 km lang, 2 km breit und bis zu 330 m tief! Jährlich werden hier 600.000 Unzen Gold herausgesprengt. In den zahlreichen Bars und Tavernen fließt das Bier allabendlich in Strömen und die Schar orange gekleideter Minenarbeiter lässt die Puppen tanzen. Für sie bedeutet Gold eben nur ein Job. Meine (Reise)zeit geht unaufhaltsam dem Ende zu. Zurück in Perth noch ein Abstecher zum Hafen Freemantle und zurück geht es mit dem Flieger ins winterliche Deutschland. Roter Sand des Outbacks rieselt beim Auspacken meiner Sachen auf den Boden - mit Wehmut denke ich zurück an eine Super Zeit in Down Under!




2.  Australien, Tasmanien + Hongkong

"Into the never-never"

4400 km Radabenteuer quer durch Australien und Tasmanien

Routenverlauf: Zwischenlandung u. 4 Tage Aufenthalt in Hongkong - Australien: Cairns-Tablelands-Alice Springs- Stuart Highway-Ayers Rock- Adelaide - Grampians- Melbourne- Tasmanien- Snowy Mts-Blue Mts-Sydney, ca. 4400 km


Nach einem Kurzaufenthalt in Hongkong um ein paar Freunde zu besuchen, lande ich in Cairns in Queensland. Bevor ich losradle fahre ich mit einem Kajütboot raus zu den “Great Barrier Reefs” und tauche durch die farbenfrohe Unterwasserwelt der Riffs. Durch tiefe Dschungelwälder und entlang paradisischer Palmenstrände verlasse ich Queensland und radle über endlose Highways ins Herz Australiens mit dem berühmten Monolithen Ayers Rock und den Olgas. Dann weiter über den Stuart Highway durchs endlose Outback nach Adelaide, den Grampians Bergen, entlang der “ Great Ocean Road” nach Melbourne. Von dort nahm ich einen Flieger nach Tasmanien, Australiens größte Insel vor der Südküste.

  

Wolkenkratzermeer von Hongkong                     Da isser! Der berühmteste Felskotz der Welt!

Ich feier das neue Millenium in der Hauptstadt Hobart. Hier war gerade auch der Zieleinlauf der berüchtigten Sydney- Hobart Regatta. Ca. 10 Tage wanderte ich den Overlandtrack durch tasmanischen Urwald und Gebirge. Zurück nach Melbourne radle ich noch zu den Snowy Mountains mit Australiens höchsten Bergen und beende diese Reise in Sydney, nachdem ich zuvor noch einen Abstecher in die grandiosen Blue Mountains gemacht habe.


                                           

Nicht nur die Trucks haben Überlänge                            "The Bitumen" Der Stuart Highway

      

Eiskaltes Pils in 10 km - Bei Gegenwind und 43° eine höllische Folter!